Die Reformbewegung in Böhmen war vor allem von einer Person geprägt: Jan Hus. Nach dessen Tod brach in den Ländern der böhmischen Krone die Hussitenrevolution aus, die auch auf die Nachbarländer übergriff. Die böhmische Reformbewegung entstand somit bereits 100 Jahre vor der europäischen.
Die Reformbewegung des späten 14. und frühen 15. Jahrhunderts in Böhmen und Mähren war eng mit dem Leben und Wirken von Jan Hus verbunden, einem Universitätsprofessor und Theologen, der von der Weltanschauung des englischen Kirchenreformers John Wyclifs beeinflusst war. Jan Hus wurde wegen seiner Ideale von der Kirche verfolgt und starb 1415 nach dem Konstanzer Konzil als Ketzer auf dem Scheiterhaufen. Als Reaktion auf seinen Tod brach in den Ländern der böhmischen Krone die Hussitenrevolution aus, die auch auf andere Länder übergriff. Der Kelch wurde zum Symbol der Reformbewegung und ist es in der protestantischen Kirche bis heute. Die böhmische Reformbewegung entstand somit bereits 100 Jahre vor der europäischen, die von einem anderen Theologieprofessor angeführt wurde: vom Augustinermönch Martin Luther.
Die Hussiten in Prag
Die Teynkirche
Dort, wo einst eine romanische Spitalskirche stand, wurde Mitte des 14. Jahrhunderts mit dem Bau der Teynkirche (Kostel Matky Boží před Týnem) begonnen. Während der Herrschaft von Georg von Podiebrad wurde der Bau abgeschlossen. An der Stirnseite brachte man eine Statue von Georg von Podiebrad, dem „Hussiten-König“, sowie einen großen Kelch als Symbol der Ultraquisten an. Im Jahr 1626 wurde die Hussiten-Statue durch eine Marienskulptur ersetzt. Der Kelch wiederum wurde eingeschmolzen und zu einem Heiligenschein für die Marienskulptur umgestaltet.
In der Teynkirche ist der berühmte dänische Astronom Tycho Brahe bestattet.
- Adresse: Celetná 5 / Altstädter Ring (Staroměstské náměstí), Prag 1 – Altstadt (Staré Město)
- www.tyn.cz
Die Bethlehemskapelle
Die Bethlehemskapelle (Betlémská kaple) wurde in den 1950er Jahren an einer Stelle gebaut, wo sich einst eine Kapelle aus dem 14. Jahrhundert befand. In dieser ursprünglichen Kapelle hatte Jan Hus in der Muttersprache der Tschechen gepredigt. Jaroslav Fragner, der Architekt der neu errichteten Kirche, übernahm Elemente der ursprünglichen Kapelle. Besonders bemerkenswert sind die erhaltenen Original-Traktate von Jan Hus. Die Bethlehemskapelle ist außerdem mit Repliken der ursprünglichen Malereien und mit Bildern aus dem Jenaer Kodex verziert.
- Adresse: Betlémské náměstí 255/4. Prag 1 – Altstadt (Staré Město)
- www.suz.cvut.cz/ostatni/betlemska-kaple
Die St.-Martin-in-der-Mauer-Kirche
Die St.-Martin-in-der-Mauer-Kirche (Kostel sv. Martina ve zdi) wurde während der Herrschaft von Karl IV. im gotischen Stil umgebaut. Ursprünglich befand sich hier eine romanische Kirche. Ihr heutiges Aussehen verdankt die Kirche den Umbauarbeiten, die Ende des 15. Jahrhunderts im spätgotischen Stil erfolgten.
- Adresse: Martinská 8, Prag 1 – Altstadt (Staré Město)
- www.martinvezdi.eu
Die Spuren der Reformation in Südböhmen
Tábor
Die Hussitenhochburg Tábor wurde im Jahr 1420 gegründet. Der Name der Stadt verweist auf die Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor (im heutigen Israel). Heute ist Tábor ein malerisches Städtchen, in dem der historische Geist noch immer lebendig ist.
Nicht nur die Verklärungskirche (Kostel Proměnění) in Tábor ist einen Besuch wert, sondern auch das Hussitenmuseum, das im ehemaligen Rathaus untergebracht ist. Die Ausstellung erläutert die Geschichte der Hussitenbewegung und der Hussitenstadt Tábor auf anschauliche Weise. Ebenfalls einen Besuch wert sind die unterirdischen Gänge in Tábor.
Klokoty
Unweit von Tábor befindet sich der barocke Wallfahrtsort Klokoty, der während der Hussitenjahre deshalb berühmt wurde, weil hier Jan Žižka radikal gegen gemäßigte Gruppierungen innerhalb der Hussitenbewegung und gegen die sogenannten „Adamiten“ vorging – in Klokoty ließ er nicht wenige auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Daran erinnert heute die Skulptur von Františkek Bílek, dessen Werke zur Hussiten-Thematik übrigens an vielen Orten der Stadt zu sehen sind. In der nahe gelegenen Geburtsstadt des Künstlers Chýnov befindet sich eine Dauerausstellung seiner Werke.
Barockkunst im Dienste der katholischen Kirche
Der wohl am weitesten verbreitete künstlerische und architektonische Stil nicht nur in Prag sondern in ganz Tschechien ist der Barockstil. Auch auf dem Land sieht man zahlreiche malerische Barockhäuser umringt von einer herrlichen Landschaft.
Mit dem Begriff „Böhmisches Barock“ wird die besondere Form der Barock-Kunst in Böhmen und Mähren des 16. bis 18. Jahrhunderts bezeichnet. Der barocke Kunststil entstand ursprünglich in Italien und Spanien. In Böhmen und Mähren hingegen wurde diese Stilrichtung von den einheimischen Künstlern und Handwerkern um neue, eigene Elemente bereichert. So entstanden nicht nur prächtige Kirchen, Klöster und Paläste in den Städten, sondern auch kleine Kirchen und Kapellen sowie Bauernhöfe auf dem Land. Auf diese Weise verband man die neue Kunstrichtung mit der traditionellen Volksarchitektur und ließ beides zu einem harmonischen Ganzen, das sich perfekt in die heimische Natur einfügt, verschmelzen. Bis heute sieht man auf dem Land malerische Barockhäuser, die wunderschön mit der Natur harmonisieren. Sowohl in der Hauptstadt als auch in den Regionen Tschechiens ist der barocke Stil die am häufigsten vertretene architektonische Stilrichtung. In den Ländern der böhmischen Krone schufen zahlreiche berühmte Baumeister regelrechte Meisterwerke, unter anderemChristoph und dessen Sohn Killian Ignaz Dientzenhofer und Johann Blasius Santini-Aichl, der den weltweit einzigartigen Stil der Barockgotik geprägt hat.
Auf den Spuren von Christoph und Killian Ignaz Dientzenhofer
Die St.-Nikolaus-Kirche auf der Kleinseite in Prag
Die St.-Nikolaus-Kirche (Kostel sv. Mikuláše) gehört zu den bedeutendsten barocken Bauwerken in Europa und gilt als das schönste Beispiel für den Stil des Böhmischen Barocks. Die massive Kuppel und der schlanke Turm der Kirche gehören unverkennbar zum Panorama der Stadt.
Es empfiehlt sich, auf den Glockenturm der St.-Nikolaus-Kirche zu steigen, denn von hier hat man eine herrliche Aussicht auf die Stadt.
- Adresse: Malostranské náměstí, Prag 1 – Kleinseite (Malá Strana)
Die Barockkirchen in der Region Broumovsko
Die Barockkirchen in der Region Broumovsko an der tschechisch-polnischen Grenze sind in Europa absolut einzigartig. Sie wurden innerhalb von nur wenigen Jahren (von 1709 bis 1743) nach den Plänen von Christoph und Killian Ignaz Dientzenhofer auf dem Klostergelände Broumov errichtet. Aber nicht nur im Kloster Broumov findet man Barockkirchen vor, sondern auch in 9 angrenzenden Gemeinden: in Martínkovice, Vernéřovice, Ruprechtice, Otovice, Heřmánkovice, Bezděkov, Vižňov, Šonov und inBožanov.
Am besten entdeckt man die Region Broumovsko und deren Barockkirchen vom Fahrradsattel aus. Der südliche Rundweg startet im Städtchen Broumov und führt über Šonov, Otovice und Božanov nach Martínkovice und anschließend zurück nach Broumov. Die Gesamtlänge beträgt 22 km.
Kosten Sie das hier gebraute Bier namens Opat, dessen Geschichte eng mit der Geschichte des Klosters Broumov verbunden ist.
Anfahrt: Von Náchod gibt es eine Zugverbindung über Meziměstí nach Broumov. Die Fahrt mit dem Auto dauert ab Prag ca. 3 Stunden.
Auf den Spuren von Santini-Aichl
Dem Baumeister Johann Blasius Santini-Aichl gelang es, in seinen Werken dynamische Barockelemente mit dem gotischen Baustil zu verbinden. Er erhielt von zahlreichen namhaften Persönlichkeiten Aufträge, weshalb seine Werke heute überall im Land zu sehen und ein nicht wegzudenkender Bestandteil der tschechischen Kultur und Landschaft sind.
Zelená Hora
Das berühmteste Werk von Santini-Aichl ist die Wallfahrtskirche des hl. Johannes Nepomuk (Kostel sv. Jana Nepomuckého), die über Žďár nad Sázavou thront und zum UNESCO-Welterbe gehört. Der Grundriss, der die Form eines fünfzackigen Sterns hat, symbolisiert sowohl die fünf Wunden Christi als auch die fünf Sterne, die erschienen als Johannes Nepomuk zu Tode gefoltert wurde. Die Kirche wurde unter Berücksichtigung der Grundsätze des mathematischen Symbolismus gebaut und bildet einen lichtdurchfluteten Raum voller ausgewogener und fließend ineinander übergehender Formen. Santini-Aichl baute bzw. restaurierte auch die Gebäude des Zisterzienserklosters in Žďár: die Mariä-Himmelfahrts-und-St.-Nikolaus-Kirche (Kostel Nanebevzetí Panny Marie a sv. Mikuláše), den Friedhof Dolní hřbitov, bei dem die Symbolik der Zahl drei eine tragende Rolle spielt, sowie die Brunnenkonstruktion des Konvents und das Prälaturgebäude des Klosters.
Die Mariä Himmelfahrtskirche in Sedlec
Das monumentale Meisterwerk im Stadtteil Sedlec von Kutná Hora, die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt (Chrám Nanebevzetí Panny Marie), ist ebenfalls ein Werk von Johann Blasius Santini-Aichl und gehört zum ältesten Zisterzienserkloster Tschechiens. Einst stand hier eine romanische Kirche. Im 13. Jahrhundert wurde an deren Stelle eine gotische Basilika errichtet, die während der Hussitenkriege stark beschädigt wurde. Damals brannte das Kloster bis auf die Grundmauern nieder. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Kirche zunächst nach Plänen von Paul Ignaz Bayer renoviert, später übernahm der junge Johann Blasius Santini-Aichl die Arbeiten, der mit nur 25 Jahren bereits ein besseres Gespür und eine größere Ehrfurcht vor den gotischen Meisterwerken hatte.
Im 18. Jahrhundert wurde die Kirche entweiht und Anfang des 20. Jahrhunderts war hier sogar eine Tabakfabrik untergebracht.
Das Kloster Kladruby
Santini-Aichl wurde auch von anderen Abteien angefragt und baute zusammen mit Killian Ignaz Dientzenhofer das Benediktinerkloster in Kladruby.
Das Kloster Plasy
Dieses prächtige Zisterzienserkloster entstand in der Barockzeit. Dem genialen Architekten Johann Blasius Santini-Aichl gelang es, mithilfe einer Konstruktion aus Eichenholz den äußerst feuchten Baugrund zu bebauen. Das ehemalige Kloster besticht durch die wunderschöne Barock-Kirche, sowie seine Bibliothek und Kapelle.
Das Hospital Kuks ist sozusagen eine „Insel der Barockkunst“ in Ostböhmen. Franz Anton Reichsgraf von Sporck ließ Anfang des 18. Jahrhunderts im malerischen Elbtal mehrere Kurgebäude und ein Schloss errichten, da man in der Gegend Heilquellen fand. Später wurde hier eine Kirche gebaut und das gesamte Gelände mit wertvollen Skulpturen verziert. Im Lapidarium sind Originale der Skulpturen zu sehen, die Allegorien auf die Tugenden und Laster darstellen und vom bedeutendsten tschechischen Bildhauer des Barocks, Matthias Bernhard Braun, erschaffen wurden. Kuks ist vor allem für die zahlreichen barocken Plastiken bekannt, die in den umliegenden Wäldern stehen.
Quelle: CzechTourism